Die einstweilige Verfügung (im Fachjargon: „eV“) stellt gerade im Lauterkeits- und Immaterialgüterrecht eine überaus scharfe Waffe dar, ist sie doch im Gegensatz zu einem erstinstanzlichen und oft auch zweitinstanzlichen Urteil (Hauptverfahren) sofort nach Erhalt vollstreckbar. Wird hier nicht umgehend reagiert, drohen empfindliche Geldbußen.


Im Lauterkeits- und Immaterialgüterrecht ermöglicht die einstweilige Verfügung provisorischen (vollstreckbaren) Rechtsschutz selbst ohne Gefahr eines unwiederbringlichen Nachteils. Zudem muss der behauptete Anspruch nicht bewiesen, sondern lediglich "bescheinigt" werden, womit eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gemeint ist. Im Gegensatz zur Situation in Deutschland ist hierzulande nicht einmal eine besondere „Eilbedürftigkeit“ vorausgesetzt. Andererseits kann in ganz besonders dringenden Fällen eine einstweilige Verfügung sogar ohne Anhörung der Gegenseite erlassen werden.


Bei der Verfassung eines eV-Antrages und dessen Unterlegung mit Bescheinigungsmitteln ist besondere Sorgfalt geboten, da nicht gewährleistet ist, dass weiteres Vorbringen/Bescheinigungsmaterial noch berücksichtigt wird. Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich für den Kläger dennoch häufig, proaktiv auf die Ausführungen des Beklagten zu replizieren, da auch derartige Schriftsätze bei Gericht typischerweise zumindest gelesen werden, was aus klägerischer Sicht deshalb wünschenswert ist, weil von Beklagtenseite in diesem Stadium häufig reine „Blendgranaten“ geworfen werden.


Zwar kann ein eV-Antrag auch „stand-alone“ eingebracht werden. Üblich ist aber die Verbindung mit der Klage in ein und demselben Schriftsatz (hingegen erfolgen die Äußerung zum eV-Antrag und die Klagebeantwortung üblicherweise getrennt voneinander). Diesfalls gebührt eine Verbindungsgebühr in Höhe von 25%. In dem Zusammenhang hat sich folgende Formulierung bewährt: „Die klagende Partei erhebt ihr Vorbringen im Rahmen der Klage auch zum Vorbringen für ihren Sicherungsantrag und beruft sich zu dessen Bescheinigung auf die in der Klage angeführten Beweismittel.“. Nicht selten zu beobachten ist, dass im eV-Teil nur auf die in der Klage „vorgelegten“ Beweismittel Bezug genommen wird, wovon somit die Personalbeweise (Parteien und Zeugen) streng genommen nicht umfasst sind.


Als Bescheinigungsmittel weit verbreitet sind eidesstättige Erklärungen, wobei allerdings häufig Fehler passieren. Kontraproduktiv ist es etwa, wenn der Wortlaut einer solchen Erklärung eins zu eins mit dem Vorbringen im jeweiligen Schriftsatz übereinstimmt. Immer wieder zu beobachten ist außerdem, dass eidesstättige Erklärungen der Parteien selbst (also nicht nur von Zeugen) vorgelegt werden, obwohl sie nach der Rechtsprechung über keinen maßgeblichen Bescheinigungswert verfügen. Detail am Rande: Auf eidesstättige Erklärungen ist nicht schon – wie immer wieder zu beobachten – im Klagsteil Bezug zu nehmen (Beweismittel), sondern erst im anschließenden eV-Teil (Bescheinigungsmittel).


Im Provisorialverfahren müssen die Bescheinigungsmittel „parat“ sein, also grds. umgehend zur Verfügung stehen. Das ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Vernehmung von Parteien und Zeugen („Auskunftspersonen“) zu beachten, wobei es sich in der Praxis eingebürgert hat, deren umgehende „Stelligmachung“ bei Gericht zur Einvernahme nach entsprechendem – sei es auch nur telefonischem – Auftrag des Gerichts an den Parteienvertreter anzubieten (Achtung: Krankheit und urlaubsbedingte Abwesenheit können bereits zum Fehlen der erforderlichen „Paratheit“ führen, weshalb sich das vorsorgliche Anbot einer zweiten Auskunftsperson empfehlen kann).


Bei vorgelegten Datenträgern (mit dem inkriminierten Werbespot odgl.) ist zwecks Paratheit vorsichtshalber immer auch anzubieten, dass „für den Fall, dass keine geeignete Abspielvorrichtung bei Gericht vorhanden sein sollte, eine solche im – sei es auch nur telefonischen – Auftrag des Gerichts umgehend zu Gericht gebracht werden kann“. Zusätzlich bietet sich die Vorlage sog. „Storyboards“ von Werbespots etc. an, welche die wesentlichen Bilder samt gesprochenem Text in Papierform festhalten (siehe zB www.focusmr.com).


In dringenden Fällen unterstreicht genau diesen Umstand ein ausdrücklich gestellter Antrag auf Zustellung des eV-Antrages (sowie der zu erlassenden eV) per Gerichtsboten. Dies vermeidet gegebenenfalls eine Verzögerung durch den Postlauf. Je nach RichterIn wird ein solcher Antrag typischerweise dann bewilligt, wenn man als Klagevertreter gleichzeitig „die Übernahme der persönlichen Haftung für dessen Kosten“ erklärt.


Was der Mandant unbedingt vorab wissen sollte: Wird eine einstweilige Verfügung zwar zunächst erlassen, in der Folge aber – in der Instanz oder aber im anschließenden Hauptverfahren – aus welchen Gründen auch immer aufgehoben, so steht dem Beklagten ein vom Verschulden unabhängiger Schadenersatzanspruch zu, was ausgesprochen teuer werden kann. Vor dem Hintergrund kann das Gericht im Falle einer Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung dem Antragsteller eine Sicherheitsleistung auferlegen. Aber auch eine schriftliche Erklärung des Antragstellers nach Erhalt der einstweiligen Verfügung, von ihr bis auf weiteres keinen Gebrauch machen zu wollen, kommt hier in Betracht.